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FIDLEG und FINIG: was kommt auf uns zu

Am 1. Januar 2020 treten das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) in Kraft. Sie sind Teil der neuen Schweizer Finanzmarktarchitektur. Diese umfasst die vier Bereiche (1) Aufsicht (bereits heute im Finanzmarktaufsichtsgesetz FINMAG geregelt), (2) Infrastruktur (im Finanzmarktinfrastrukturgesetz FinfraG), (3) Dienstleistungen (FIDLEG) und (4) Beaufsichtigte (FINIG). Das FIDLEG enthält Verhaltensregeln, die Finanzdienstleister gegenüber ihren Kunden einhalten müssen. Die Einhaltung dieser Verhaltensregeln muss sodann dokumentiert werden. Zudem sieht das FIDLEG Prospektpflichten vor und verlangt für Finanzinstrumente ein leicht verständliches Basisinformationsblatt. Das FINIG vereinheitlicht primär die Bewilligungsregeln für bestimmte Finanzinstitute und unterstellt u.a. Vermögensverwalter und Trustees neu einer Aufsicht. Nachfolgend finden Sie kurze Darstellungen der Verhaltensregeln und Pflichten, welche auf uns zukommen werden.

Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)

Einheitliche Wettbewerbsbedingungen und Kundenschutz

Das FIDLEG soll der Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen und der Verbesserung des Kundenschutzes dienen, wozu es Finanzdienstleister neue aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln auferlegt. Im Zentrum stehen Informations- und Erkundigungspflichten, da Kunden für eine informierte Anlageentscheidung auf ausreichende Informationen über ihren Finanzdienstleister sowie über die erhältlichen Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente angewiesen sind. Sodann verpflichtet das FIDLEG Finanzdienstleister hinsichtlich ihrer Kunden Angemessenheits- und Eignungsprüfungen durchzuführen sowie zur Dokumentation und Rechenschaft.

Kundensegmentierung

Neu müssen Finanzdienstleister von Gesetzes wegen die Kenntnisse, Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Anlageziele ihrer Kundinnen und Kunden berücksichtigen. Die gesetzlichen Verhaltens- und Produktvorschriften sind dem jeweils angesprochenen Kundensegment angepasst, wobei zwischen Privatkunden und professionellen Kunden unterschieden wird. Eine Untergruppe der professionellen Kunden bilden die institutionellen Kunden.

Als professionelle Kunden gelten: öffentlich-rechtliche Körperschaften und Vorsorgeeinrichtungen sowie Unternehmen mit professioneller Tresorerie, grosse Unternehmen und Anlagestrukturen für vermögende Privatkunden mit professioneller Tresorerie. Als institutionelle Kunden gelten Finanzintermediäre, Versicherungsunternehmen, Zentralbanken, Privatkunden sind nicht als professionell oder institutionell eingestufte Kunden, also auch vermögende Privatkunden. Es sei denn, diese erklären als professionelle Kunden gelten zu wollen (sog. Opting-out-Möglichkeit). Umgekehrt räumt das FIDLEG gewissen Anlegertypen auch das Recht ein, in eine Kundengruppe mit höherem Schutzniveau eingeteilt zu werden (Opting-in). So können gewisse professionelle Kunden erklären, dass sie als institutionelle Kunden oder auch als Privatkunden gelten wollen und institutionelle Kunden können ein Opting-in zum professionellen Kunden erklären. Nicht klar ist allerdings, ob ein Opting-in des institutionellen Kunden zum Privatkunden möglich ist. Während Art. 5 Abs. 6 FIDLEG dies auszuschliessen scheint, scheint Art. 36 Abs. 3 FIDLEG vom Gegenteil auszugehen.

Diese Kundensegmentierung hat bspw. zur Folge, dass die Verhaltensregeln nach Art. 7 ff. FIDLEG auf institutionelle Kunden nicht anwendbar sind, während professionelle Kunden auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln verzichten können. Zudem muss bei professionellen Kunden i.d.R. weder eine Angemessenheits- noch eine Eignungsprüfung durchgeführt werden.

Vereinheitlichte Prospektanforderungen

Weiterhin führt das FIDLEG für sämtliche Effekten, die öffentlich angeboten oder an einem Handelsplatz gehandelt werden, vereinheitlichte Prospektanforderungen ein. Neben die Prospektvorschriften tritt die Pflicht zur Erstellung eines Basisinformationsblatts, sofern Privatkunden komplexere Finanzinstrumente angeboten werden. Dieses Basisinformationsblatt soll eine fundierte Anlageentscheidung und einen Vergleich verschiedener Finanzinstrumente ermöglichen. Kein Basisinformationsblatt muss beim Angebot von Aktien erstellt werden.

Ombudsstellen

Damit einzelne Kunden einfacher gegen ein allfälliges Fehlverhalten ihres Finanzdienstleisters vorgehen können, sieht das FIDLEG eine Stärkung der Ombudsstellen vor, indem sich alle Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschliessen müssen und die Ombudsstellen einer behördlichen Anerkennung bedürfen. Diese soll aber weiterhin ausschliesslich zwischen den Parteien vermitteln und keine Entscheidkompetenz erhalten.

Prozesskosten

Um der Problematik des Prozesskostenrisikos im Zivilprozess zugunsten der klagenden Privatkunden entgegen zu wirken, wird für bestimmte Streitigkeiten mit Finanzdienstleistern, Finanzinstituten, Banken und Versicherungsunternehmen eine Befreiung von der Pflicht zur Leistung von Prozesskostenvorschüssen und Sicherheiten vorgesehen. Zudem sollen Finanzdienstleister, Finanzinstitute, Banken und Versicherungsunternehmen auch im Falle ihres Obsiegens unter gewissen Voraussetzungen ihre eigenen Prozesskosten selber tragen müssen. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass der Streitwert CHF 250 000 nicht übersteigt und vorgängig ein Verfahren vor einer Ombudsstelle durchgeführt wurde. Schliesslich wird in der Zivilprozessordnung eine Regelung vorgesehen (Art. 107 ZPO), wonach das Gericht die Gerichtskosten unter bestimmten Voraussetzungen nach Ermessen verteilen kann.

Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

Zweck

Das FINIG soll die Aufsicht über sämtliche Finanzdienstleister, die in irgendeiner Form das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben, in einem einheitlichen Erlass regeln. Die Bestimmungen für bereits unter geltendem Recht beaufsichtigte Finanzinstitute, d.h. Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen, Fondsleitungen und Effektenhändler, werden materiell unverändert aus den geltenden Erlassen (Kollektivanlagengesetz und Börsengesetz) übernommen.

Neu unterstellte Finanzinstitute

Neu werden auch Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen oder von individuellen Kundenvermögen sowie Trustees einer Aufsicht unterstellt. Die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen sowie Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen («Verwalter von Kollektivvermögen») müssen strengeren Anforderungen genügen als die Vermögensverwalter von Individualvermögen und die Trustees. So werden Verwalter von Kollektivvermögen durch die FINMA beaufsichtigt, welche die Kompetenz hat, unter Berücksichtigung der Tätigkeit und der damit verbundenen Risiken, eine mehrjährige Prüfperiodizität vorzusehen. Vermögensverwalter und Trustees müssen über ein Risikomanagement und eine interne Kontrolle verfügen, die u.a. die Einhaltung der rechtlichen und unternehmensinternen Vorschriften gewährleistet. Dagegen müssen Verwalter von Kollektivvermögen über das verlangte Mindestkapital sowie angemessenes Eigenkapital – dessen Höhe durch den Bundesrat geregelt wird – verfügen. Die Banken werden durch das FINIG nicht erfasst. Sie bleiben weiterhin dem Bankengesetz unterstellt.

Bewilligung der FINMA

Im FINIG ist eine nach Finanzdienstleistern differenzierte Bewilligungskaskade vorgesehen, wonach die höhere Form der Bewilligung neu auch die darunterliegende(n) Bewilligungsform(en) umfasst. Das bedeutet, dass jeweils formell nur eine Bewilligung beantragt werden muss. Der Inhaber einer höheren Bewilligung muss aber auch sämtliche Pflichten der tieferen Stufen einhalten.

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